Aloha und liebe Grüße aus dem G-Zug von Chengdu nach Peking, der die beachtliche Strecke in unter acht Stunden zurücklegt. Wahnsinn!
Gestern, an unserem letzten Tag in Chengdu, machten wir einen Tagesausflug nach Luodai, einer Altstadt, die etwa anderthalb Stunden außerhalb von Chengdu liegt. Morgens war es noch sehr drückend, aber als nachmittags endlich die Sonne rauskam, war das Klima echt angenehm.
Es waren auch kaum Leute da, sodass man in Ruhe durchgehen und sich alles anschauen konnte. Luodai ist bekannt für kleine Gassen, Krimskrams und Streetfood. Tangyou Guozi heißen hier 天鹅蛋 (Schwaneneier) und kosten nur 3 Yuan, dafür schmecken sie aber auch nicht.
Ansonsten ist mein Favorit immer noch der Laden, der Krokotaschen und Krokodilfleisch verkauft. Ergibt ja schon irgendwie Sinn, auch wenn ich den aufgeschlitzten Alligator im Schaufenster nicht gutheiße.
Neben unzähligen Snacks fanden wir auch einen schönen See, wo wir vier älteren Leuten beim Majiang-Spiel zuschauen durften. Die Sichuan-Spielart scheint sich gar nicht so sehr von der Hangzhouer Art, die ich gelernt habe, zu unterscheiden. Hätte gern mitgespielt, haha.
Außerdem fand ich ein cooles Paar Schuhe und weil das bei mir eine echte Seltenheit ist, konnte ich nicht widerstehen. Das sind sie:
Nachdem wir den ganzen Tag herumgewandert waren, fanden wir eine ruhigere Straße mit kleineren Restaurants und TCM-Läden. In einem davon traute sich Christopher an seine erste professionelle Fuß- und Beinmassage heran. Bevor es losgehen konnte, musste er aber erst seine Füße eine Stunde lang in einem heißen Kräutersud baden, wahrscheinlich damit das Qi richtig fließen kann. Derweil durften wir uns auf einem großen Fernsehbildschirm das TV-Drama „Omis Jiaozishop“ anschauen, das absolut 0815 war. Zumindest konnten wir alle Plottwists punktgenau vorhersagen, zB die Schwangerschaft der Protagonistin.
Nach dem Kräutersud ging es dann endlich los und ein sehr gesprächiger Masseur knetete Christophers arme Waden durch und erklärte uns dabei die Bedeutung von Yin und Yang sowie der acht Trigramme für die traditionelle chinesische Medizin. Außerdem stellte er fest, dass Christophers linkes Bein außerordentlich gesund sei, da die Zehen beim Ziehen besonders schön knacken, und dass seine rechten Zehen ebenfalls überdurchschnittlich gesund sind, weil er dort 9 Chakrenpunkte hat und alle andern nur sieben oder höchstens acht. Faszinierend!
Der Masseur war auch sehr interessiert an Deutschland. Mit leichtem Entsetzen reagierte er auf unsere Aussage, dass es die D-Mark schon lange nicht mehr gibt. Er war dann aber sehr neugierig auf den Euro und war außer sich vor Freude, als ich ihm einen schenkte. Dafür musste dann Christopher für die Massage auch nur zehn Yuan hinblättern und der Masseur war überzeugt, dass unser Treffen Schicksal war.
Nach dem gefühlt stundenlangen Kräutersud und der anschließenden Massage war es für uns Zeit, nach Chengdu zurückzukehren. Zu Abend aßen wir in einem kleinen Familienrestaurant und zum Nachtisch gab es Wassermelone 🍉.
Der Abend endete mit etwas Verwirrung, da ein fremder (aber netter) Typ (der sich später als Hostelboss rausstellte) uns ansprach und meinte, dass es Probleme mit unserem Taxi für den nächsten Morgen gäbe. Allerdings halfen er und eine weitere Mitarbeiterin uns mit vereinten Kräften und es wurde für heute morgen ein Didi bestellt. Das klappte dann heute zwar auch nicht reibungslos, aber immerhin funktionierte es am Ende irgendwie und wir schafften es rechtzeitig zum Zug um sieben Uhr morgens.
Jetzt sind wir also auf dem Weg nach Peking, Chinas Hauptstadt. Muss man ja auch mal gesehen haben. Für Christopher ist das natürlich auch eine gute Gelegenheit, die legendäre Pekingente zu probieren. Ich selbst war schon zweimal in Peking und freue mich eigentlich hauptsächlich drauf, Nina wiederzusehen, die da studiert.
Wie gesagt haben wir gestern so einiges probieren können.
Jianbing mal anders: (4 / 5)
Der Jianbing von einem Laden namens 煎饼道 (Der Weg des Jianbing) ist anders als die traditionelle Variante: Hier wird er mit Salat und Mayo serviert. Wenn man sich von dem traditionellen Jianbing loslösen kann, ist das echt lecker.
凉粉 Kalte Nudeln: (4,8 / 5)
Liangfen sind neben liangmian und liangpi eine weitere Art kalter Nudeln und eine Spezialität von Sichuan. Sie werden mit Sojasoße, Sesam, Chiliöl, Sichuanpfeffer und Kräutern garniert und sind genau der richtige Snack für heiße Tage. In diesem Laden gab es 伤心凉粉 (Herzschmerz-Liangfen) und 开心凉粉 (Freude-Liangfen). Wir probierten Ersteres und waren sehr zufrieden.
香辣风爪 Scharfe Phoenixkrallen: (3 / 5)
Hinter dem poetischen Namen verbirgt sich nichts anderes als… Hühnerfüße! Die gibt es in den verschiedensten Sorten und sie zählen zu den liebsten Snacks der Chinesen. Christopher traute sich an die scharfe Variante ran und stellte fest: Sie sind geschmacklich gut, aber blöd zu essen und haben daher keinen Wiederholungsbedarf.
Frische Kokosmilch: (3,5 / 5)
Mit 5 Yuan pro Becher war sie unschlagbar günstig. Anfangs war sie sehr lecker, aber je wärmer sie wurde, desto weniger wollte man sie. Aber in eiskalt wäre sie geil gewesen. Oder in warm zu einem Youtiao dazu!
Twisted Potatoes: (2,5 / 5)
Für mich schmeckte sie von Anfang an wie Styropor. Christopher war anfangs noch recht angetan, später dann nicht mehr so. Alles in allem hätte etwas Salz dem Ding gut getan, und das sag ich selten, haha.
麻婆豆腐 Mapo-Tofu, 宫保鸡丁 Gongbao-Hühnchen und 干煸四季豆 Trockene scharfe Bohnen: (4 / 5)
Die ersten beiden genannten Gerichte sind Sichuan-Klassiker. Allerdings gibt es natürlich nicht das eine einzig wahre Rezept, jede Familie hat ihr eigenes, das für sie das richtige ist. Hier war der Mapo-Tofu zB ohne Hackfleisch, was für mich natürlich super war. Alles in allem war es sehr lecker, nur etwas schwer. Dafür war es mit umgerechnet 5 Euro für alles zusammen unschlagbar günstig.
Das war’s fürs Erste von uns. Nächstes Mal melden wir uns dann aus Peking! Bis dann,
Eure Baozi
Oh, die Schuhe hätten sicher Vorteile beim wandern gehabt, schade dass du sie erst jetzt gefunden hast.
Bei der Massage stelle ich mir so einen Arnold vor, der einem die Knochen bricht und sagt :“ Sehr gesund, bis ich die Knochen gebrochen hab..“
Am Ende der Reise hat Christopher so viel Chi, dass er das kamehameha beherrscht! Da bin ich zuversichtlich.