Achterbahnfahrt

Aloha und 大家好!

Es grüßt eure Elli (natürlich auch im Namen von Christopher) aus dem schönen Shanghai. Vielleicht erst mal die gute Nachricht: Trotz aller Tiefs des heutigen Tages sind wir sicher angekommen und jetzt sind alle Widrigkeiten schon fast vergessen.

Nach einer absolut schrecklichen und relativ schlaflosen Nacht hieß es für uns: Auf nach Luxemburg. Zu einem Flughafen, der etwa so groß ist wie ein Bahnhof. Voll süß. Dort lief auch alles verdächtig glatt und nach nur 5 Minuten waren wir durch alle Kontrollen durch. Auch der Flug nach Paris, der Transfer dort und das Boarding zum internationalen Flug verliefen reibungslos. Der lange Flug selbst war, wie solche Flüge das nun mal an sich haben, sehr zäh und zog sich trotz W-LAN an Bord wie Gummi. Immerhin bestätigte sich meine Befürchtung nicht, dass ich als vegetarisches Menü Schwein oder Huhn kriegen würde, dafür haben sie wohl „Essen ohne Tiere“ mit „Essen für Tiere“ verwechselt. Egal!

Jetzt aber zu den interessanteren Dingen. Die Ankunft lief ebenfalls gut, unser Gepäck kam mehr oder weniger heil an und der Zoll nahm uns nicht unsere Haribo-Vorräte weg. Juhu! Es folgten anderthalb eher ereignislose Stunden Metrofahrt, während derer ich eine positive Änderung entdecken konnte: Man muss, um vom Flughafen in die Stadt zu kommen, nicht mehr an der Guanglan Road umsteigen. Cool! Man kann einfach ewig sitzen bleiben und ist irgendwann da. Gute Sache.

Ebenfalls erfreulich: Dafür, dass wir laut Plan erst „ab 14 Uhr einchecken“ durften, klappte das mit dem Checkin um 10 problemlos. So konnten wir unser liebevoll eingerichtetes Zimmer mit dem Charme chinesischen Ranzes beziehen und uns in einer ca. 1qm großen Dusche eine… Na ja, Dusche halt gönnen. Mit dem wunderbaren chinesischen Leitungswasser. Da fühlt man sich gleich wieder wie zu Hause.

Nachdem das getan war und wir uns dem Wetter entsprechend angezogen hatten – statt dem 10-Grad-Dauerregen daheim erwarteten uns heute nämlich sonnige 26 Grad – ging es auf die abenteuerliche Mission, eine SIM-Karte zu erwerben. Bei China Unicom gab es gerade ein chinaweites Angebot mit unbegrenztem Datenvolumen für 99 Yuan und bis jetzt kommt mir das einfach zu gut vor, um wahr zu sein, aber es funktioniert tatsächlich. Cool! Die Mitarbeiterin, die das für uns freischalten sollte, war auch sehr professionell und bestellte nebenbei mit ihrem privaten Handy eine ganze Menge Essen bei 饿了么 (e le me), der Lieferapp hier. Dadurch dauerte das auch eine ganze Weile, aber ok, die Frau wollte halt was zu spachteln haben, da bin ich die Letzte, die was dagegen sagt.

Als das endlich abgehakt war, war es also Zeit für die Nahrungsaufnahme, zu deren Zweck wir uns zum Jing’an-Tempel begaben. Dort ist eins meiner absoluten Lieblingsrestaurants zu finden, bei dem man sich aus seinen Lieblingszutaten seine eigene Nudelsuppe zusammenstellen und mit hausgemachter Chilipaste garnieren kann. Ewig hatte ich Christopher davon vorgeschwärmt und der Gedanke an die Nudelsuppe hatte mich den langen Flug halbwegs überstehen lassen. Tja, und dann standen wir davor und der Nudelsuppenschuppen war weg und stattdessen war da ein verdammtes Rindfleischrestaurant. Ok, cool, danke für nichts. Da konnte nur noch der Pandatee von Gongcha trösten, aber halt auch nur so halb.

Als billigen Ersatz gab’s dann halt 麻辣香锅 (ma la xiang guo), wo man sich ebenfalls seine Lieblingszutaten aussuchen kann, woraufhin diese in einem Wok mit der gewünschten Würzung gebraten werden. Dazu später mehr.

Inzwischen waren wir dank 30 Stunden Schlafentzug so fertig, dass nichts mehr ging, also gönnten wir uns tatsächlich einen dreistündigen Nachmittagsschlaf, nachdem die Welt schon viel besser aussah. So ausgeruht machten wir uns auf den Weg, um unser Viertel zu erkunden, und oh boy! Wer auch immer behauptet, in Shanghai gäbe es kein Streetfood und keine kleinen Restaurants, der war wohl noch nie hier. Genau genommen fanden wir so viele lebhafte kleine Gassen voller Stände, Lokale und Gewusel, dass man sich kaum entscheiden konnte. Wantan? Nudeln? Doch lieber ein Wokgericht?

Aber dann entdeckte Christopher den Shaokao und damit war’s eigentlich schon besiegelt. Da der 老板 (laoban, der Boss) noch nicht ganz so weit war, erkundeten wir weiter das Viertel und als wir zurückkamen, war der Shaokao so weit und wir konnten zuschlagen. Auch hierzu später mehr.

Nach dem Essen taten wir einen weiteren Spaziergang durch das Viertel, wobei wir nicht nur eine ganze Straße voller Werbeagenturen fanden, bei denen Schilder und dergleichen hergestellt wurden, sondern auch einen Obststand mit dem besten und saftigsten Obst aller Zeiten. Über dem Genuss einer „blauschaligen, grünfleischigen Melone“, wie die hier heißen, merkten wir leider, dass Christopher seinen Rucksack vermisste. Zum Glück fanden wir ihn beim Shaokao wieder, wo man ihn sicher für uns aufbewahrt hatte. Puh!

Zum Schluss kehrten wir für einen Abendsnack in einem winzigen Wantan-Schuppen ein, wo es… Na ja, Wantan halt gab. Und Fleischbällchen.

Was wir heute gelernt haben: Chinesen sind voll hilfsbereit. Ok, wusste ich schon. Ein Arbeiteropi bot uns auf dem Weg zum Zhongshan-Park sein Fußbänkchen zum Draufsitzen an. Und die Shaokao-Leute haben sich ebenfalls sehr lieb um uns gekümmert.

Kommen wir nun zum Essen. Dieses wollen wir mit einem 5-Punkte-System bewerten, wobei 5 das Beste ist und 0 bedeutet, dass man sich den Magen dran verdirbt.

Ma la xiang guo:
(4 / 5)

War sehr lecker, reichhaltig und gut gewürzt, aber so scharf, dass man irgendwann einfach nicht mehr weiter essen konnte und auch aller Reis nicht mehr beim Neutralisieren half.

Shaokao:
(5 / 5)

Ein würdiger erster Shaokao für Christopher und einer meiner besten bisher. Wahnsinnsauswahl (wir hatten Babykohl, Knoblauchsprossen, Bohnen, Schnittknoblauch, Mantou, Pilze, Fleisch, Tofu,…) und perfekte Würzung. Außerdem schaffte es der Laoban, dass selbst Nadelpilze lecker sind (auch wenn da zugegebenermaßen mehr Knoblauch als Pilz dran war). Unser Highlight waren die gegrillten 年糕 niangao aus gedämpftem Reismehl, die durch das Grillen außen knusprig und ihnen chewy waren und die Gewürze gut annahmen.

Shaokao

Fleischbällchen und Wantan:
(3,5 / 5)

Christopher sagt, sie waren lecker, aber nicht überwältigend. Die Brühe hingegen soll sehr gut gewesen sein.

Wantan

Ich brauch jetzt erst mal 10 Stunden Schlaf. Bis dann.

2 Antworten auf „Achterbahnfahrt“

  1. Es freut mich zu hören, dass ihr gut angekommen seid! Das „Diätessen“ im Flugzeug war sicher Absicht, damit du vor Ort richtig reinhauen konntest. Total lieb auch, dass alle so hilfsbereit sind (voll der Horror sonst mit dem Rucksack).
    Beim Bildersuchen sehen die Gerichte allesamt lecker aus.

    1. Ja, die Leute vom Shaokao waren total lieb und haben sich Sorgen gemacht, ob wir noch mal dorthin finden und den Rucksack zurück kriegen können. Sie haben für uns gut drauf aufgepasst. 😀

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